Gestern durfte ich als Teil der Schwimmmanschaft des SCW Eschborn an den jährlich stattfindenden Deutschen Mannschaftsmeisterschaften teilnehmen. Das ist keine Veranstaltung der Masters, sondern hier treten die besten Schwimmer(innen) Deutschlands an. Wie im Fußball gibt es mehreren Ligen. Die besten Mannschaften schwimmen in der ersten Bundesliga, gefolgt von der zweiten Bundesliga, der Oberliga und der Bezirksliga. Die SCW-Herren starteten in der Oberliga im Hallenbad Frankfurt-Höchst. Die SCW-Damenmannschaft trat zur gleichen Zeit in der zweiten Bundesliga in Freiburg an.
Für mich war es der erste Nicht-Mastersschwimmwettkampf seit fast 30 Jahren. Den Wettkampf hab ich aus dem Training heraus bestritten (also ohne spezielle Vorbereitung oder gar Tapering). Meine letzte Trainingswoche war hart für mich. Deshalb war mir klar, dass ich nicht in Bestform sein konnte. Schließlich sind die Europameisterschaften im Juni mein großes Ziel.
Bei einem Mannschaftswettbewerb bestimmt der Coach wer welche Strecken schwimmen muss. Laut Regelwerk darf jeder Schwimmer maximal fünf mal starten. Ich musste „nur“ vier mal ran und zwar über 200m und 400m Freistil im ersten Abschnitt und über 200m und 400m Lagen im zweiten Abschnitt. Vier Strecken an einem Tag schwimmen zu müssen (in Summe 1.200m) hat bei mir im Vorfeld des Wettkampfes etwas „Bammel“ aufkommen lassen.
Das Einschwimmen lief wie erwartet bei solchen Veranstaltungen. Aufgrund der vielen Teilnehmer konnte man keine 25m schwimmen, ohne irgendein Körperteil von jemand anderem im Weg zu haben. Man muss sich das so vorstellen, dass pro Bahn ca. 40 Sportler gleichzeitig versuchen zu schwimmen. Mehr als 10-15m am Stück in der gewünschten Geschwindigkeit zu schwimmen ist selten möglich. Darauf muss man sich einstellen.
Die 200m Freistil wollte ich in Nähe meiner Bestzeit schaffen. Die ersten 100m war ich im Plan (Durchgangszeit: 56,8). Die zweiten 100m waren schwer. Auf den letzen 50m bin ich eingebrochen. Man denkt in solchen Momenten gleich zu ersticken (weil der aufgenommene Sauerstoff schon lange nicht mehr reicht, die Muskeln zu versorgen). Die Arme und Beine folgen nicht mehr den Anweisungen und „wühlen“ nur noch durchs Wasser. Man hat das Gefühl, nicht vom Fleck zu kommen. Am Ende war ich eine Sekunde langsamer als meine Masters-Bestzeit und sehr, sehr fertig. Aber meine geschwommene Zeit ist ca. 5 Sekunden schneller als der Deutsche Rekord in meiner Altersklasse. Leider zählt er nicht, weil diese Veranstaltung kein Masters-Wettkampf ist.
Nach ca. 2 Stunden standen die 400m Freistil an. Die 200m habe ich noch deutlich in den Beinen gespürt, aber ich wollte in die Nähe meiner Masters-Bestzeit kommen (4:25 – im Oktober 2018 geschwommen). Um hinten heraus nicht wieder einzubrechen, wollte ich die ersten 200m recht locker angehen und die Geschwindigkeit halten. Herausgekommen ist dann eine 4:21,44. Damit war ich sehr zufrieden. Diese 400m haben auch nicht so weh getan wie die 200m. Der Deutsche Rekord steht bei 4:20.
Ca. 90 Minuten später standen die 200m Lagen an. Auch hier hatte ich mir vorgenommen, die ersten 100m nicht zu schnell anzugehen und dafür die zweiten 100m gut durchzuschwimmen. Am Ende ist es eine 2:15,17 geworden (das ist 6 Sekunden schneller als der Deutsche Rekord in der Altersklasse 50). Die letzten 50m Freistil waren so schnell wie noch nie auf dieser Teilstrecke (30,4). Nach dem Ausschwimmen war ich definitiv am Ende meiner Kräfte. Mir war unklar wie ich die 400m Lagen in einer für die Mannschaft akzeptablen Zeit schaffen sollte. Ich hatte sogar ein bisschen Schiss vor dieser Strecke.
Nach weiteren 90 Minuten war es dann soweit. 400m Lagen – Showdown! Unter 5 Minuten wollte ich unbedingt bleiben. Die ersten 100m Schmetterling wollte ich so locker wie möglich schwimmen. Das ging auch ca. 75m ganz gut. Dann musste ich schon auf Eineratmung umstellen, um nicht zu sehr zu übersäuern. Auf den 100m Rücken hab ich versucht, mich etwas zu erholen. Auf den 100m Brust hab ich versucht, eine gute Technik zu schwimmen und trotzdem Gas zu geben. Nach 300m war ich am Limit. Die ersten 50m Kraul konnte ich noch gut Gas geben. 5 Bahnen weiter hab ich einen Schwimmer gesehen, den ich noch kriegen wollte. Also habe ich noch mal alles rausgehauen – AllOut! Meine Zeit: 4:50,78. Das ist Masters-Bestzeit für mich und mehr als 10 Sekunden schneller als der Deutsche Rekord. Das hätte ich nie gedacht!
Nun, mit etwas Abstand, versuche ich den Tag zu bewerten. Was habe ich gelernt? Folgende Dinge halte ich für mich fest:
- Es ist egal wie man sich vor dem Wettkampf fühlt! Man darf nicht zu sehr in sich reinhorchen. Stattdessen muss daran glauben was man kann. Der US-Schwimmer Cody Miller hat zu diesem Thema einen VLog gemacht vor einigen Monaten. Man kann schnell schwimmen wenn man sich schlecht fühlt und umgekehrt. Es spiel also keine Rolle wie man sich fühlt. Recht hat er!
- Ja es ist so, ich war mit Abstand der älteste Teilnehmer am Wettkampf. Der zweitälteste Schwimmer war Jahrgang 77 und der drittälteste Jahrgang 80. Hat mich das beschäftigt? Ja schon ein bisschen. Aber ich hab in einigen Feedbacks auch Anerkennung gespürt. Trotzdem, wer ist schon gerne der Älteste bei irgendetwas?
- Ich schwimme klar lieber einen Wettkampf, wenn ich weiß, dass ich ihn auch gewinnen kann. Ich denke das ist ein mentales Thema. Liegt man vorne, dann spürt man den Schmerz nicht so stark (insbesondere auf den letzten Metern). Aber Wettkämpfe wie der in Höchst härten ab und es geht mehr darum, sein eigenes Rennen zu schwimmen. Das ist ein Problem für mich. Denn meist orientiere ich mich an den Besten im Lauf und richte meine Strategie an ihnen aus. Das führt nicht immer zu einer optimalen Leistung. Da liegt klar Verbesserungspotential.
- Meine Zeiten für die beiden 400er waren besser als erwartet. Die 200er waren langsamer als erwartet. Ich denke meine Ausdauerleistung ist auf einem guten Stand. Was mir aktuell fehlt ist Schnelligkeit und Schnelligkeitsausdauer. Das ist aus meiner Sicht dem aktuellen Trainingspensum geschuldet. In Summe bin ich zufrieden mit den Ergebnissen und auf einem guten Weg für Budapest.
Am Ende hat unsere Herrenmannschaft den 4ten von 11 Mannschaften belegt und verbleibt somit in der Oberliga. Vielleicht klappt der Aufstieg in die zweite Bundesliga im kommenden Jahr. Unten sind zwei Mannschaftsbilder zu sehen. Wir hatten diesmal originelle t-Shirts an – im Pokémon Style. Unsere Damenmannschaft hat den letztjährigen Aufstieg in die zweite Bundesliga verteidigt – sau stark, herzlichen Glückwunsch.


Franky, du Maschine!
Nein, es ist nicht egal wie man sich fühlt, aber ansonsten ein sehr schöner Blog.
Viele Grüße und man sieht sich auf dem Wettkampf
Martin Klein
Hallo Martin,
vielen Dank für Dein Feedback.
Ich habe zumindest die Erfahrung gemacht, dass es egal ist, wie man sich unmittelbar vor dem Wettkampf fühlt (ob man fertig ist, weil man schon ein hartes Rennen in den Knochen hat oder eventuell nicht gut geschlafen hat). Ich habe mich aber auch schon großartig vor dem Start gefühlt und bin trotzdem schlecht geschwommen. Man darf nicht zu sehr in sich reinhorchen. Stattdessen muss daran glauben, was man kann. Man kann schnell schwimmen, wenn man sich schlecht fühlt und umgekehrt. Daher glaube ich, dass es keine Rolle spielt, wie man sich vor dem Start fühlt.
Dann bis zum nächsten Event…
Liebe Grüße
Frank